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"KiBiz"-Novellierung ändert nichts an "Arbeit wie im Hamsterrad"

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Im Bild v. li. n. re. Petra Räuber,  Ute Feldbrügge, Ingrid Rosiejka und Wolfgang Zöller. Foto: Lothar Kaiser„Elke Rühl MdL: ‚KiBiz hat einen guten Flug!‘“, überschrieb der Waterbölles am 29. Juli 2008 eine Pressemitteilung der damaligen CDU-Landtagsabgeordneten Elke Rühl. Sie sprach damals von einem „zählbaren und handfesten Erfolg“ – und stand damit ziemlich alleine da. Die Reaktionen auf das kurz "KiBiz" genannte Kinderbildungsgesetz, das auf Betreiben von CDU und FDP, der damaligen Landesregierung, zum 1. August 2008 das „Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder“ (GTK) ablöste, war durchweg negativ, auch und gerade unter den Träger von Kindertagesstätten. Kritisch äußerte sich damals im Jugendhilfeausschuss Ingrid Rosiejka, Leiterin der Kita „Villa Kunterbunt“, Sprecherin der AG Kita, und Vorstandsmitglied der Kreisgruppe Remscheid des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.Unter dessen Dach betreiben in der Stadt derzeit zwölf Trägerorganisationen, zumeist Elterninitiativen, 14 Kindertagesstätten. Und damals wie heute haben sie mit „KiBiz“ ihre liebe Not.

Je kleiner die Einrichtung, desto größer die Probleme! Das wurde gestern in einer Pressekonferenz deutlich, zu der Ute Feldbrügge, die Geschäftsführerin des Kreisverbandes, in die Kita „Walkürenstraße“ eingeladen hatte. Mit dabei: Petra Räuber, die Leiterin der Kita, deren Träger die „Kraftstation“ ist, deren Geschäftsführer Wolfgang Zöller und - Ingrid Rosiejka, noch immer eine erklärte Gegnerin des Gesetzes. Daran habe dessen erste Revision im Jahre 2011 nichts geändert, und daran werde auch die bevorstehende zweite Novellierung nichts ändern, wenn es beim vorliegenden Referentenentwurf bleibe, wie sie betonte.

Das neue Kita-Gesetz soll mit Beginn des neuen Kindergartenjahr am 1. August 2014 in Kraft treten. Zu einer mündlichen Anhörung über den Gesetzesentwurf hat die Landesregierung die Sozialverbände für den 30. April in den Düsseldorfer Landtag eingeladen. Die schriftliche Stellungnahme der Freien Wohlfahrtsverbände ist längst im Internet nachzulesen. Kernaussage: Auch die zweite „KiBiz“-Revision löst das Problem der strukturellen Unterfinanzierung der Kindertageseinrichtungen nicht. „Das ist enttäuschend“, waren sich gestern die vier Vertreter „des Paritätischen“ einig. „Angekündigt war eine grundlegende Gesetzesänderung. Die kann ich leider nicht erkennen!“, betonte Ingrid Rosiejka. Der dünne Personalschlüssel sei das größte Problem. So werde z.B. den Erzieherinnen immer mehr Schreibarbeit abverlangt (Verwendungsnachweise, Dokumentationsmappen, ein Wust von Papier!“). Zusammen mit der steigenden Zahl von Kindern, die am Mittagessen in der Kita teilnähmen, bedeute das zwangsläufig weniger Zeit für die persönliche Zuwendung. "Dabei ist das doch unsere eigentliche Aufgabe.", empört sich Ingrid Rosieijka.

Finanziert werden die Kitas nach „KiBiz“ über eine Pauschale je Kind. Die ist seit 2008 zwar jährlich um 1,5 Prozent erhöht worden. Weil aber im gleichen Zeitraum die Lohnkosten deutlich stärker gestiegen sind, ist die Pauschale de facto um zehn Prozent gesunken. Nun sollen alle Kindertagesstätten pro Gruppe und Jahr pauschal 2.000 Euro mehr für die Betreuung bekommen. Ute Feldbrügge: „Das hört sich toll an. Wenn man das jedoch herunter bricht, bedeutet das für eine Kita mit drei Gruppen gerade mal eine knappe 450 Euro-Kraft!“ Und weil durch die schwankenden Stundenbuchungszahlen (wöchentlich 25, 35 oder 45 Stunden) manche Einrichtungen jedes Kindergartenjahr neu kalkulieren müssen, sei keine kontinuierliche Planung möglich. „Gerade bei jungen Erzieherinnen, bzw. Neueinstellungen, die auch deswegen oft nur befristete Verträge bekommen, kommt Frust wegen der Perspektivlosigkeit auf“, weiß Wolfgang Zöller. „Träger und Mitarbeiter wünschen such mehr Planungssicherheit!“

Ob sich an der „KiBiz“-Novellierung noch etwas ändern lässt? Remscheider Erzieherinnen wollen am 30. April im Landtag (nach der Anhörung) der grünen Landtagsabgeordneten Jutta Velte ihre Bedenken vortragen. Tenor: Gut und schön, dass die Landeregierung weitere 100 Millionen Euro in die Kitas investieren will, um das pädagogische Personal zu entlasten, die Sprachförderung zu verbessern (unter Verzicht auf den als wenig kindgerecht kritisierten „Delphin 4“-Sprachtest)und Einrichtungen in sozialen Brennpunkten speziell zu fördern (nach welchen Kriterien, ist noch nicht bekannt). Aber, so Petra Räuber: „Das reicht nicht, um die Qualität der Arbeit im Elementarbereich dauerhaft zu sichern!“ Denn zugleich seien die Ansprüche an die Träger, die Einrichtungen und die Mitarbeiter/innen deutlich gestiegen, ohne dass zusätzliche Ressourcen für die pädagogische Arbeit und ein Ausgleich für den bürokratischen Mehraufwand geschaffen worden sei.

Von den zusätzlichen 100 Millionen Euro sind 45 Millionen Euro pro Jahr für Einrichtungen vorgesehen, die Kinder aus bildungsbenachteiligten Familien betreuen. Die übrigen 55 Millionen Euro pro Jahr sollen in die so genannte Verfügungspauschale fließen - für zusätzliches Personal, etwa für eine Küchenhilfe. Die vier Vertreter „des Paritätischen“ gestern uni solo: „„Was soll das bringen, wenn gleichzeitig die Mittel nicht ausreichen, um das Fachpersonal zu bezahlen!?" Fazit: Mit dieser Gesetzesnovellierung erfülle der Gesetzgeber seinen eigenen Anspruch auf mehr Qualität in den Kitas nicht. Ingrid Rosiejka: „Die Erzieherinnen kommen sich inzwischen vor wie in einem Hamsterrad!“


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