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Vom Ende eines alten Parks und wankelmütigen Politikern

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von Hans Gerd Göbert

Im September 2012 stellte sich Willi Korff, der mutige Bezirksvorsteher des Südbezirks, mit seiner Mannschaft vor die versammelte Presse im Mannesmannpark und ganz energisch dem Vorhaben der beiden mächtigen Investoren in den Weg, die dieses Natur-und Kulturkleinod mittels Kettensäge zu Gunsten mehrerer Einkaufsmärkte „rekultivieren“ wollten. Zitat aus dem RGA vom 6. September 2012: „Für die Bezirksvertreter, die sich im Park um das Mannesmanndenkmal versammelten, ist die Sache klar. ‚Wir werden einen Antrag auf Erhalt dieses Parks in Erinnerung an die Familie Mannesmann und der Tennisanlage stellen.‘“ So sprach der Bezirksbürgermeister wild entschlossen für alle Fraktionen in der Bezirksvertretung. Durch den Waterbölles durfte man dazu am selben Tag erfahren: „Und sie kündigten an, in der nächsten Sondersitzung der BV ... einen Antrag zu stellen, der schöne alte Park möge erhalten bleiben, nach Möglichkeit unter Denkmalschutz gestellt werden.“ Tags darauf schrieb die Bergische Morgenpost: Die Politker im Südbezirk wollen sich dafür einsetzen, dass der Mannesmannpark inklusiv der Tennisanlage erhalten bleibt. „Die Richtung ist hundertprozentig klar. Man wolle den Park mit dem alten Baumbestand erhalten.“ (so der Bezirksbürgermeister).

Im Frühjahr 2013 unterlief der Verwaltung dann ein bedauerlicher Formfehler, der zwar schnell und nachhaltig korrigiert wurde. Dennoch meinen die beiden Investoren aus Sachsen und Remscheid auch heute noch, daraus Honig saugen zu können, und drohten der Stadt andernfalls Klage an. Man wolle von der Stadt schnellstens und unbürokratisch, das neue Einzelhandelskonzept ignorierend, unter Umgehung von formellen Teilen der Baugesetzgebung NRW bedient werden. Nicht nur einen neuen ALDI-Markt mit 800 Quadratmetern Verkaufsfläche, sondern auch einen zusätzlichen Frischemarkt samt Lagerräumen wolle man bauen dürfen. („Global Player“ aus Sachsen erkennt man übrigens daran, dass sie über keine eigene Webseite verfügen und weder E-mail-Adresse noch Faxanschluss ihr Eigen nennen. Warum auch?)

Die plötzliche Änderung des Sachverhaltes rief sofort wieder den wehrhaften Bezirksbürgermeister auf den Plan: Am 9. März teilte er gegenüber dem RGA, erneut für alle Fraktionen, mit, „dass der Mannesmannpark gerettet ist. Vorläufig jedenfalls. Die meisten Bäume im Park sollten trotz Neubaus unangetastet bleiben. „Vorerst jedenfalls?“, fragte sich damals schon so mancher Betrachter. Der Tennisclub Mannesmann solle zudem weitere drei Jahre an Ort und Stelle bleiben dürfen (bis Ende 2016). „Wir sind sehr glücklich über dieses Ergebnis“, so der Bezirksbürgermeister.

In den folgenden Monaten sickerte durch, dass immer mehr Bäume, ob Eichen, Buchen oder Linden und uralte Rhododendren von hohem Wert, gleichsam über Nacht zu „Gefahrenbäumen“ mutiert waren, die eine baldige Entfernung erforderlich machen würden. Eine merkwürdige Randerscheinung war dabei, dass keiner dieser Bäume, die laut Aussage von Fachleuten schon umfallen könnten, wenn man sie nur anhauchen würde, während des Herbstorkans in die geringste Schieflage geraten waren, abgesehen von einem sehr großen Ast, der zu Boden fiel. - Am 10. Januar wurde mit der Rodung begonnen, und es zeigte sich schnell, dass die meisten Bäume noch kerngesund waren.

Womit wir nun beim Thema „Umfallen“ wären. Im November 2013 musste die Bezirksvertretung über eine Beschlussvorlage entscheiden, wie eine weitere Einfahrt für den zweiten Discounter, inzwischen ist von einem dritten Einkaufsmarkt die Rede, von der Burger Straße aus gestaltet werden solle. Das bedeutete quasi eine vorzeitige Zustimmung zu allen geplanten Bauvorhaben. Wer nämlich die Zufahrten gestattet, kann nachher wohl schlecht die Bauvorhaben ablehnen? Augenblicklich erinnerten sich daher der Bezirksbürgermeister und seine kämpferische Gefolgschaft an ihre Rütlischwüre des Jahres 2012 und des Frühjahrs 2013 und - lehnten das Vorhaben einstimmig ab - ?? Denkste! Man stimmte der Beschlussvorlage und damit dem Ende des Mannesmannparkes fast einstimmig zu, bei nur einer Gegenstimme; die kam von Klaus Wetzel von den Linken. (Wo sind eigentlich die Grünen bei solchen mehr als grünen Themen, fragt sich so mancher schon lange erstaunt in RS. Etwa auf mehrheitsgestaltender Tauchstation?

Am 19. Dezember 2013 berichtete die Presse über ein wunderbares Weihnachtsgeschenk. Nicht etwa über den langfristigen Erhalt des Parkes. Vielmehr war es am 18. Dezember zur feierlichen Unterzeichnung eines neuen Pachtvertrages für zwei Jahre bis Ende 2015 (nicht bis 2016) zwischen den Investoren und dem Tenniscub gekommen. Im Beisein der Presse, die auch berichtete, dass die mildtätigen Investoren tatsächlich dem Verein noch ein großzügiges Geschenk in Höhe von 240.000 € (durch Verzicht auf monatlich 10.000 € Pacht x 24 Monate), machen würden. Einfach so, ohne irgendeinen erkennbaren Eigennutz, quasi aus einer friedlichen Weihnachtsstimmung heraus. Der ebenso heroische wie weitsichtige Bezirksbürgermeister und Naturdenkmalretter war natürlich auch dabei (was haben Politiker eigentlich bei privaten Vertragsunterzeichnungen zu suchen?), und ihm wurde für seinen sehr gelungen, mehrfachen Salto rückwärts in Sachen langfristigen Erhaltes des Mannesmannparkes seitens der Investoren herzlich gedankt. Ohne seine geschickten Manöver hinter den Kulissen wäre dieses erfreuliche Ergebnis für den TCM niemals zustande gekommen. Dort kann nun noch circa elf Sommermonate lang Tennis gespielt werden. Informell hatte der umtriebige Bezirksbürgermeister mehrfach verlauten lassen, dass er sich persönlich in dem Park zum Ende seiner politischen Laufbahn durchaus ein großes Ensemble wie an der Königstraße wünsche mit Edeka-Frischemarkt, Lidl, dm etc. Aber in der Öffentlichkeit stemmte man sich selbstverständlich weiter vehement gegen die Vernichtung des Mannesmannparks...

Das ist ein politischer Spagat, wie er seinesgleichen sucht. Gediegene Lobbyarbeit für Investoren? Wie man innerhalb von sechs Monaten so grundsätzlich seine Meinung zum Vorteil von Investoren über den Haufen werfen kann, das hat in der Tat ein fades Geschmäckle. Nicht nur die Bäume, sondern auch die Helden des Südbezirks ergaben sich kampflos in ihr Schicksal. Kein einziger stellte sich während der Rodungsarbeiten schützend vor die Bäume oder hat sich noch einmal öffentlich zu Wort gemeldet. Oder wenigstens in den zurückliegenden Sitzungen der Bezirksvertretung die Frage an die Verwaltung gestellt, in welcher Höhe die Investoren Ersatzzahlungen für das Fällen der Bäume leisten müssten und wo im Südbezirk Ersatzpflanzungen vorgenommen würden. Vielleicht sehen Sie sich, liebe Leserinnen und Leser, einmal vor Ort an, was die Kommunalpolitiker mit ihrem unerklärlichen Sinneswandel angerichtet haben. Es lohnt sich!

Die Damen und Herren des Zentraldienstes Stadtentwicklung haben sich von den unentwegten Drohungen und Schadensersatzankündigungen der Investoren nicht ins Boxhorn jagen lassen. Sie haben stattdessen die Fortführung bzw. Neuaufstellung eines Bauleitplanverfahrens vorbereitet, um die weitere Entwicklung des Gebietes zu steuern. Somit kann auch öffentlich darüber beraten und beschlossen werden, ob dort nach neuem Einzelhandelskonzept überhaupt noch ein Frischemarkt entstehen darf. Auf einer Fläche, die im aktuellen Flächennutzungsplan noch von Grünfläche in Gewerbefläche umgewandelt werden müsste. Zitat aus einem aktuellen Schreiben der Verwaltung: „Die Baugenehmigung für einen nicht großflächigen Discount-Markt ist auf der Grundlage des vorliegenden Vorbescheides inzwischen erteilt worden. Weitere Bauanträge liegen für das Gelände nicht vor.“

Derweil ist der Mannesmannpark in weiten Teilen bereits dem Erdboden gleichgemacht.


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